Wissenslandschaft Neckarbogen

Anmerkung: Folgender Text wurde von Team ASTOC verfasst:

Das Neuenheimer Feld als ein prägender und integraler Teil der Stadt Heidelberg benötigt mit der Vision des Masterplans ein ambitioniertes Bild, das nach außen und innen eine gewisse Aufbruchsstimmung und Zukunftsfähigkeit ausstrahlt. Gleichzeitig dürfen die Realitäten der Entwicklungsmaßnahmen nicht ausblendet werden. Der Masterplan muss die Offenheit und Stärke besitzen, mit den im Raum stehenden Rahmenbedingungen klarzukommen. Wir verfolgen 5 Kernziele, die die Basis unseres Vorschlags darstellen.

Vom Feld zur Wissenschaftsstadt
Der Campus transformiert sich zu einer Wissenschaftsstadt. Dem liegt eine möglichst effiziente Nachverdichtung im Bestand und verstärkte Nutzungsmischung an den Rändern zu Grunde. Wesentliche Teile der Freiflächen werden zukünftig weiterhin benötigt, um Ihren Beitrag für ein nachhaltiges Quartier mit dem Fokus auf Klimaneutralität zu leisten. Die Kernbereiche für Forschung, Lehre und medizinische Versorgung bleiben weiterhin auf diese Nutzer hin fokussiert und werden optimiert. Die Wissenschaftsstadt hat wie eine "richtige Stadt" Quartiere, in denen sich die Nutzungen sinnvoll gruppieren, um kurze Wege für Nutzer und Wissen zu fördern und sie hat Parks, Plätze, ein Neckarufer und liegt am Landschaftsraum Handschuhsheimer Feld - hervorragende Rahmenbedingungen für einen attraktiven Standort. Eine bunte und belebte Wissenschaftsstadt - die DNA hierfür ist bereits heute angelegt. Die Mobilität auf dem Campus und der Weg dorthin wird wegweisend neu organisiert und kann Testphase - im Sinne der Wissenschaftsstadt - und Vorbild für ganz Heidelberg werden.

Flächen schonen!
Flächen sind rar und sollten so effizient wie möglich eingesetzt werden. Dies gilt für noch nicht erschlossene Bereiche in besonderem Maße. Wir reduzieren die bauliche Entwicklung auf dem Hühnerstein - im Vergleich zur vorherigen Phase - deutlich, zugunsten eines erweiterten Sport und Freizeitangebots und zugunsten eines Experimentierfeld "Regionale Lebensmittel" als Schnittstelle zum Handschuhsheimer Feld. Die bauliche Entwicklung - das Innovationsquartier - ist direkt angrenzend an den heutigen Bestand verortet und verknüpft sich über die Aktive Mitte mit dem bestehenden Campus.. Alle Sportflächen bleiben erhalten, der Sportstandort wird für die Zukunft gerüstet und es entwickelt sich im Zusammenspiel aus Sport und Freizeit mit den landwirtschaftlichen Entwicklungsfeldern und dem Innovationsquartier ein weiteres Highlight auf dem Neuenheimer Feld - ohne diesen Bereich baulich zu überfrachten inklusive einer thematischen und gestalterischen Einbindung des Handschuhheimer Felds. Die vorgeschlagene kompakte Erweiterungsfläche auf dem Hühnerstein ist unserer Meinung nach notwendig, wir wollen den Bestandscampus nicht zu stark überformen und verdichten. Die Bedarfe bis 2035 können trotzdem auf dem bestehenden Areal gedeckt werden. Ggf. macht es jedoch strategisch Sinn, den Innovationscampus ab einem gewissen Zeitpunkt zu entwickeln, da er durch seine Interdisziplinarität ein besonderer Standort werden kann.

Flexibel bleiben.
Um überhaupt einen derart großen Umstrukturierungs- und Erweiterungsprozess in Gang zu setzen, benötigt das Feld im ersten Schritt Entwicklungsbereiche, die unkompliziert zu entwickeln sind, um dann die komplexeren Bausteine im Bestand Schritt für Schritt zu lösen. Man darf nicht außer Acht lassen, dass das Neuenheimer Feld im Schwerpunkt ein naturwissenschaftlicher und medizinischer Forschungsstandort ist. Dieser folgt in seinen Gesetzmäßigkeiten nicht immer dem klassischen städtischen Bild mit Raumkanten, klassischen Straßenräumen, durchgängig fixierbaren Gebäudehöhen und gemischten Nutzungsstrukturen. Das Neuenheimer Feld braucht Flexibilität um seine Innovationskraft aus sich selbst zu schöpfen. Flexibilität bedeutet beispielsweise, dass wir städtebaulich mit temporären Bauten, Anlagen oder Testfeldern umgehen müssen, die aufgrund der Bereitstellung von Fördermitteln schnell realisierbar sein müssen. Wir müssen aber wissen wo dafür geeignet Orte sind und wo nicht. Wir wissen in welchen Größenordnungen und aus welchen Prozessen heraus Gebäude für Universitäten, Kliniken und Forschungsinstitute gebaut werden und haben die Baufelder entsprechend dimensioniert und mit Typologien, die eine möglichst flexible Nutzung zulassen, bespielt.

Der erste klimaneutrale Campus...

Die vermutlich größte Herausforderung der Aufgabe ist die Entwicklung eines Ansatzes für einen klimaneutralen Campus. Es ist auch der umfassendste Ansatz, denn hierfür müssen quasi alle Bereiche ineinandergreifen. Nicht eine gute Idee oder ein Energieträger oder -erzeuger macht aus einem bestehenden 180ha großen Forschungsstandort einen 100% ökologischen Organismus. Schon die Klimaneutralität an einem komplett neu geplanten Standort ist anspruchsvoll, die Implementierung des Bestands macht dies noch anspruchsvoller. Vielmehr muss ein hochkomplexer Metabolismus geschaffen werden, in dem die kleine Einheit mit den großen Systemen zusammen funktioniert und die zentralen Themenfelder Städtebau, Gebäude, Freiraum, Mobilität, Freiraum und Gesundheit in einer ständigen Interaktion stehen. Ein Blick auf die Grafik zum Stoffmetabolismus auf dem Neuenheimer Feld verdeutlicht die Interaktivität. Ein langer Prozess, der jetzt angestoßen werden muss. Für eine schrittweise Innovation werden kleinere Netze, Kreisläufe und Einheiten statt Großstrukturen bei der Umsetzung helfen.

...und Modellprojekt in Sachen Verkehr.
Steigende Verkehrsbelastungen und einhergehende Ängste sind eigentlich bei allen planerischen Auseinandersetzungen die Regel. Mit Blick auf den Planungszeitraum bis 2050 und der zurzeit in vielen Farben und Facetten gemalten Zukunft der Mobilität müssen heute die Weichen gestellt werden, entstehende Bedarfe zeitgemäß zu steuern und abzudecken. Es geht dabei nicht darum, nur bestehende Defizite „klassisch“ hochzurechnen und mit dem gängigen Handwerkszeug zu beantworten. Wir müssen grundsätzliche Ziele formulieren und einen Maßnahmenkatalog auf den Weg bringen, der in den kommenden mindestens 30 Jahren Stück für Stück greift, aber auch reaktionsfähig bleibt. Die Fragen können nicht einfach auf dem Campus beantwortet werden, sondern mit einer grundsätzlichen Haltung und einem weiträumigen Konzept. Dies führt zu Veränderungen im gesamten Stadtgebiet. Der Campus selbst ist nur ein Teil der Stadt und wird im Ergebnis mit den Mengen und Verkehrsarten umgehen, die dort ankommen. Wir sind der Überzeugung, dass auf der einen Seite starke Maßnahmen getroffen werden müssen, den motorisierten Individualverkehr als Zielverkehr auf den Campus deutlich zu reduzieren, auf der anderen Seite muss ein den Anforderungen der unterschiedlichen Nutzergruppen entsprechendes vielfältiges und optimal zu nutzendes Angebot geschaffen werden: Die Campusflotte und deren Einbindung und Verdrahtung in ein stadtweites Konzept. Eine Flotte, die immer mit den jeweils verfügbaren Mobilitätsmitteln agieren kann, gleichzeitig die Chance bietet, neue Technologien und Ideen auf dem Campus zu testen. So bleibt das Modell immer flexibel und Nutzerorientiert. Ein Student hat ein anderes Verhalten und andere Bedarfe als ein Patient und als ein Mitarbeiter in der Nachtschicht und als ein Mitarbeiter im Institut. Hierfür halten wir eine weitere Neckarquerung von Westen für sinnvoll, allerdings beschränkt auf die Campusflotte, den Rettungsverkehr und natürlich alle Fußgänger und Radfahrer - nicht für den regulären KFZ Verkehr. So wird ein schlankes Brückenbauwerk mit einem geringeren Eingriff möglich und Wieblingen wird nicht vom Durchgangsverkehr überrollt, sondern attraktiv und nachhaltig an das Neuenheimer Feld mit all seinen Angeboten angebunden.